Der Kreis Bernkastel-Wittlich hat zwei Monate lang keine Geflüchteten mehr aufgenommen. Das teilte die Kreisverwaltung auf SWR-Anfrage mit.

Land hat Zuweisung ausgesetzt

Warum der Kreis Bernkastel-Wittlich keine Flüchtlinge aufgenommen hat

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Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Monatelang hat der Kreis Bernkastel-Wittlich keine Flüchtlinge mehr aufnehmen müssen. Der Grund überrascht.

Der "Longkamper Hof" in Longkamp im Hunsrück ist schon seit Wochen eine Baustelle. Besonders beeilen müssen sich die Bauarbeiter allerdings nicht. Denn so bald werden keine Geflüchteten in das Gebäude einziehen. Und darüber ist Ortsbürgermeister Horst Gorges (CDU) erleichtert: "Ich glaube, kein Dorf freut sich über eine Sammelunterkunft in der Ortsmitte, direkt gegenüber der Kindertagesstätte."

Will keine Sammelunterkunft in seinem Dorf: der Longkamper Ortsbürgermeister Horst Gorges.
Will keine Sammelunterkunft in seinem Dorf: der Longkamper Ortsbürgermeister Horst Gorges.

Denn der Landkreis Bernkastel-Wittlich wird nach eigenen Angaben erstmal keine Menschen in Longkamp unterbringen. Weil über Monate keine Geflüchteten in der Kommune ankamen, ist in den anderen Unterkünften noch genügend Platz. "Alleine in einer Einrichtung in Horath gibt es noch mehr als 100 freie Betten", sagt Stefanie Rodermund, die Pressesprecherin des Kreises.

Geflüchtete sollten schon im April einziehen

Für den Longkamper Ortsbürgermeister Gorges sind das überraschende Neuigkeiten. Denn monatelang hatte die Gemeinde erfolglos gegen die Pläne der Verwaltung gekämpft. "Wir sind kein rechtes Dorf, wir haben nichts gegen Flüchtlinge", sagt der Ortsbürgermeister: "Hier gibt es viele, die sich sogar für Flüchtlinge engagieren, die Kinder unterrichten oder ihre Eltern bei Behördengängen begleiten."

Die Bauarbeiten am Longkamper Hof gehen weiter, auch wenn hier so bald niemand einzieht.
Die Bauarbeiten am Longkamper Hof gehen weiter, auch wenn hier so bald niemand einzieht.

Aber vor allem die Anwohner des Hotels hätten sich wegen der Größe und dem Standort der Asylunterkunft Sorgen gemacht. Ab April sollten 60 Geflüchtete in das Hunsrückdorf mit 1.200 Einwohnern ziehen. Doch Wochen später stehen die Zimmer des Gasthauses noch immer leer.

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Kreis hat schon mehr als 3.000 Menschen aufgenommen

Der Grund ist, dass Privatleute und Gemeinden aus dem Kreis seit 2022 bereits mehr als 3.000 Geflüchtete aufgenommen haben, vor allem aus der Ukraine.

"Die Hilfsbereitschaft war zu Beginn des russischen Angriffskrieges riesengroß", sagt Kreis-Sprecherin Rodermund: "Einige Menschen sind sogar von der Mosel aus an die polnische Grenze gefahren, um dort Ukrainer abzuholen und hier unterzubringen."

Stefanie Rodermund leitet die Pressestelle des Kreises Bernkastel-Wittlich. Sie kann die Sorgen der Longkamper verstehen, sagt sie.
Stefanie Rodermund leitet die Pressestelle des Kreises Bernkastel-Wittlich. Sie kann die Sorgen der Longkamper verstehen, sagt sie.

Weil im Kreis schon so viele Geflüchtete leben, hat das Land zwei Monate lang die Zuweisung ausgesetzt. "Wir gehen deshalb davon aus, dass wir den 'Longkamper Hof' vor Ende der Sommerferien nicht belegen müssen", sagt Rodermund.

Sozial verträgliche Unterbringung statt Turnhallen zu belegen

Ohnehin sollen dort erst dann Geflüchtete unterkommen, wenn alle anderen Einrichtungen im Kreis belegt sind. Denn der Verwaltung sei durchaus bewusst, sagt Rodermund, dass das alte Hotel in Longkamp kein perfekter Standort ist. Doch inzwischen fehle es an Alternativen: "Was wir unbedingt vermeiden müssen, ist, dass wir die Menschen in Sporthallen, Gemeindehäusern oder Zelten unterbringen müssen."

"Ich kann die Sorgen der Leute verstehen", sagt Rodermund. Doch eine Angst will sie den Longkampern nehmen: "Wir wollen dort nicht nur Männer unterbringen." Das Ziel sei es, im Longkamper Hof vor allem Familien unterzubringen. Eine Sozialarbeiterin soll sich um die Menschen kümmern: "Und wir wollen das wirklich so sozial verträglich gestalten wie möglich."

Horst Gorges ist erleichtert, dass in den Longkamper Hof erstmal keine Geflüchteten einziehen.
Horst Gorges ist erleichtert, dass in den Longkamper Hof erstmal keine Geflüchteten einziehen.

Horst Gorges wäre es lieber, wenn die Asylunterkunft gar nicht erst eröffnet. Stattdessen würde sich der Ortsbürgermeister wünschen, dass im Longkamper Hof Ferienwohnungen eingerichtet werden - so wie das vor Jahren mal geplant war. Doch er weiß auch, dass die Flüchtlingszahlen in den nächsten Jahren angesichts der vielen Krisen und Kriege eher weiter steigen werden und irgendwann auch wieder Menschen im Landkreis Bernkastel-Wittlich Schutz suchen.

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